Stefan Barton: “Ökumene jetzt!”

Stefan Barton – Predigt “Ökumene jetzt” – gehalten am Fest Christi Himmelfaht am 9. Mai 2013 auf dem Roten Platz am Stadtbrunnen in Dietzenbach   

„Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?“ – eine Frage von zwei Männern in weißen Gewändern aus den ersten Sätzen der Apostelgeschichte – Was soll das? – Der Himmel ist doch meine Richtung – da will ich eines Tages hin – den wünsche ich mir jetzt schon ein Stück weit auf der Erde – den Himmel auf Erden – oder schon mal auf „Wolke 7“ schweben – der Himmel, das ist meine Richtung! Das ist das Ziel meiner Sehnsüchte, meiner Hoffnungen, – Himmel, steht als Chiffre für das, was mich erfüllt und beglückt, für das, was mir Geborgenheit und Heimat schenkt, ohne mich einzuengen, – das steht auch für das, was mich frei sein lässt, – wo ich keine Angst haben muss, es zu verlieren.   Nun scheint es aber auch so zu sein, dass unsere erfahrbare, alltägliche kleine und große Welt mehr als nur Lichtjahre von dem entfernt ist. Von Himmelsklang und Heilserfahrung ist da wenig zu spüren. Die biblische Botschaft spricht von einem neuen Himmel und einer neuen Erde (Offb). Mich rühren diese biblischen Texte über den Himmel an, weil sie eine Sehnsucht in mir wecken, die im Alltag oft genug unterzugehen droht.

Die Bibel will uns Menschen Mut machen und Trost spenden. Sie will Mut machen, an diesem neuen Himmel und dieser neuen Erde zu bauen. Aber was ist damit gemeint? Mit Blick auf die Vielgestaltigkeit der Verkündigung der christlichen Botschaft als ganz unterschiedlichen Kirchen und Gruppierungen, aus den verschiedenen Bekenntnissen und Reformbewegungen – scheint es zu-nächst wichtig, dass wir, die wir uns als „Christen“ verstehen miteinander ins Gespräch kommen und neue Wege der Einheit suchen.

Vor annähernd einem Jahr haben einige engagierte Christen aus den Spitzen unseres Landes im Zusammenhang mit 50 Jahre zweites Vatikanisches Konzil und dem sich schon vorbereitenden 500 Jahre Jubiläum der Reformation 2017 eine neuerliche Erklärung abgegeben: „Ökumene jetzt: ein Gott, ein Glaube, eine Kirche.“ Biblisches Leitwort ist ein Abschnitt aus dem Brief des Apostels Paulus an die Epheser: „Bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält. Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist.“ Weil uns Gott in der Taufe Gemeinschaft mit Jesus Christus geschenkt hat, sind Getaufte als Geschwister verbunden. Sie bilden das Volk Gottes und Leib Christi die eine Kirche, die wir in unserem Credo bekennen. Deshalb ist es geboten, diese geistliche Einheit auch sichtbar Gestalt gewinnen zu lassen.  Mit Blick auf die großen Aussagen von Konzil und Reformationsjubiläum kommen die Verfasser zu dem Schluss: „Wir wollen nicht Versöhnung bei Fortbestehen der Trennung, sondern gelebte Einheit im Bewusstsein historisch gewachsener Vielfalt.“ Sie schreiben weiter, dass heute die Kirchenspaltung politisch weder gewollt noch begründet sei. Reichen theologische Gründe, institutionelle Gewohnheiten, kirchliche und kulturelle Traditionen aus, um die Kirchenspaltung fortzusetzen?

Das glauben wir nicht! sagen sie und formulieren weiter: Offensichtlich ist, das katholische und evangelische Christen viel mehr verbindet als unterscheidet. Unbestritten ist, dass es unterschiedliche Positionen im Verständnis von Abendmahl, Amt und Kirchen gibt und schließlich entscheidet ist, dass diese Unterschiede die Aufrechterhaltung der Trennung nicht rechtfertigen. Die Folgen der Spaltung sind groß und werden als schmerzlich empfunden. Die Anstrengungen um die Fortschritte der Ökumene in den letzten Jahrzehnten werden dankbar gewürdigt. Der Appell ist eindeutig: die tatsächlichen Entwicklungen in den Gemeinden vor Ort so zu begleiten, dass die Ökumene nicht in ein Niemandsland zwischen den Konfessionen abwandert, sondern die Trennung unserer Kirchen überwindet.

Der Appell an uns als konkrete christliche Gemeinden vor Ort hier in Dietzenbach ist ebenso eindeutig: Die Ökumene weiter voran zu treiben, kirchliches Leben miteinander zu gestalten, Räume gemeinsam zu nutzen und die organisatorische Einheit anzustreben.  Und schließlich steht am Ende das Bekenntnis der Unterzeichner, als Christen im Land der Reformation sich in einer besonderen Verantwortung zu wissen, Zeichen zu setzen und mit dazu beitragen zu wollen, den gemeinsamen Glauben auch in einer gemeinsame Kirche zu leben. Das wäre nach meiner Auffassung schon ein Stück vom neuen Himmel und einer neuen Erde – wie die Botschaft der Bibel uns Mut machen will und auch trösten will. Und wenn ich die Botschaft der Abschiedsreden Jesu im Johannesevangelium richtig verstehe, dann sendet er uns den Beistand, den Heiligen Geist, damit genau das gelingen kann. Voraussetzung ist aber, dass wir uns dem Wirken des Geistes Gottes öffnen und seinen frischen Wind zulassen in unseren wohlorganisierten Kirchen und pastoralen Strukturen.

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