Vierzehntes Dietzenbacher Friedensgebet

Samstag, 21. September 2024 – 17 Uhr – “Garten der Religionen” auf dem Friedhof Dietzenbach

Begrüßungsansprache

Wechsel

Für Gerechtigkeit

Für die Bewahrung der Schöpfung

Für die Pflege der Gemeinschaft untereinander

Für Toleranz

Für die politisch Verantwortlichen

Musik

Für das Miteinander der Generationen

Für Versöhnung

Für Glaubensstärkung

Für den Zusammenhalt unter den Menschen und Völkern

Für ein Ende aller kriegerischen Auseinandersetzungen


Begrüßungsansprache

Horst Schäfer, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Religionen in Dietzenbach („ARD“)

Sehr geehrte Besucher des 14. Dietzenbacher Friedensgebets,
liebe Sucher nach Frieden in einer unruhigen, unfriedlichen Welt,
dieses Friedensgebet findet alljährlich im Rahmen der Interkulturellen Wochen statt. Das Motto der diesjährigen Interkulturellen Woche lautetNeue Räume.
Was soll uns dieser Begriff „Neue Räume“ sagen?
Wir alle – ob als Arbeitnehmer, Börsianer, Flüchtling, Gesellschafter, Konsument, als Mitglied einer Religionsgemeinde, als Atheist, Sportler, Verkehrsteilnehmer, Wohnungsinhaber und Wohnungssuchender etc. – bewegen uns in Räumen mit ihren jeweils eigenen Grenzen, z.B. denen des Arbeitsplatzes, des Kaufhauses, der Kirche, der Moschee, der Synagoge, des Rathauses, des Flüchtlingsheims, des Friedhofs, des Gerichtsgebäudes, des Gefängnisses, des Sportplatzes, der Straße, der Wohnung etc.
Für alle diese Räume gibt es Regeln, in Form von Normen, die wir im Rechtsstaat Gesetze, Verordnungen, Erlasse, Dekrete nennen. Ohne diese Normen wäre ein friedliches Zusammenleben vieler Menschen auf engem Raum nicht möglich.  Für alle diese Räume gelten die Regeln unseres Grundgesetzes, unserer – aus unserer unheilvollen Geschichte des 20.Jahrhunderts geformten – Verfassung. Gerade heute und hier nutzen wir die uns von ihr garantierte Versammlungsfreiheit. Vivat libertas!
In einem gemeinsamen Wort der Kirchen in Deutschland erinnern, Georg Bätzing, der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kirsten Fehrs, die amtierende EKD-Ratsvorsitzende, und Augoustinos Lambardakis, der Metropolit der griechisch-orthodoxen Kirche von Deutschland, daran, dass über allen Normen und Regeln für diese Räume der Art.1 Abs.1 unseres Grundgesetzes steht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“
Die Kirchenführer erinnern daran, daß diese ethische Grundnorm – formuliert aus der Erfahrung der Barbarei der NS-Gewalt- und Willkürherrschaft – für Menschen in allen Räumen gilt, also für A wie Asylsuchender bis Z wie Zimmermann. Heute, 75 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes, wissen wir, welcher Wert diesem Grundgesetz für den Ausbau der Demokratie in Deutschland durch die Jahrzehnte zukommt. Es bietet die besten Voraussetzungen für den Schutz und die Entwicklung unserer Gesellschaft. 75 Jahre später wissen wir aber auch, wohin wir niemals wieder kommen wollen, was wir niemals wieder sein wollen: ein Land, in dem eben diese Würde des Menschen für wertlos erklärt und ignoriert werden soll. Haben wir unsere freiheitliche Demokratie und ihre Organe über einen zu langen Zeitraum für selbstverständlich und geradezu unerschütterlich gehalten?
Die drei erwähnten Kirchenführer stellen klar: „. Für uns liegt der tiefste Grund für die Menschenwürde in der gläubigen Überzeugung, dass Gott jeden einzelnen Menschen als sein Ebenbild geschaffen hat (vgl. 1. Mose 1, 27) und alle Menschen gleichermaßen liebt. Daraus leitet sich die Forderung Jesu Christi ab, allen Menschen ohne Unterschied mit Ehrfurcht und Respekt zu begegnen.“. Da ist kein Raum für Rassismus, Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und jegliche Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
In der Interkulturellen Woche möchte auch die Arbeitsgemeinschaft der Religionen in Dietzenbach ein Zeichen setzen für die Achtung der Menschenwürde und den Schutz von Menschenrechten. Auch sie will neue Räume der Begegnung, der Zusammenarbeit und des Vertrauens erhalten und schaffen, sei es in Kirchen- oder Moscheebauvorhaben. Räume, wo jene Haltung, für die so viele Menschen seit Beginn dieses Jahres mit Engagement auf die Straßen gingen und gehen, und mit jener Haltung, in der im Miteinander sichtbar wird: die Wertschätzung der Vielfalt und die Achtung der Würde jedes anderen Menschen, egal, ob er Blue Jeans oder Kaftan, ob sie Mini-Rock oder Kopftuch trägt.
In einer Zeit vieler Konflikte, innergesellschaftlicher Polarisierungs-, Radikalisierungs- und Spaltungstendenzen, Kriege, gewaltsamer Auseinandersetzungen an den Krisenherden der Welt schafft die Interkulturelle Woche neue Räume der Verbundenheit und der Ermutigung. Wir hoffen und wünschen uns, dass auch das Friedensgebet dazu einen Beitrag leisten kann.
Wir – die Arbeitsgemeinschaft der Religionen in Dietzenbach – zeigen Ihnen heute wieder einmal, dass Glauben keineswegs nur spalten, sondern auch verbinden kann.

Wechsel

Wechsel: Lutz Berger (rechts) übergibt die Verantwortung für den Garten der Religionen in die Hände von Jochen Hammer.

Für Gerechtigkeit

Zafir Ahmad, Imam der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde Dietzenbach

Sehr geehrte Damen und Herren,
wir leben in einer Zeit, in der Konflikte und Unruhen weltweit präsent sind, und die Frage nach einer gerechten Ordnung immer dringlicher wird. Gerechtigkeit – ein Begriff, der oft verwendet wird, aber dessen wahre Bedeutung in der Tiefe erkannt werden muss – hat die Kraft, viele dieser Spannungen zu lösen. Lassen Sie uns heute einen Blick darauf werfen, wie Gerechtigkeit im Islam verstanden wird.
Im Islam spielt Gerechtigkeit eine zentrale Rolle. Allah hat Propheten entsandt, um Gerechtigkeit in der Gesellschaft zu etablieren. Dies ist nicht nur eine soziale sondern auch eine spirituelle Aufgabe. Einerseits sind die Gebote und Verbote im Islam Werkzeuge, um Gerechtigkeit zwischen den Menschen herzustellen, und andererseits sind sie der Weg, auf dem die Menschen eine tiefere Verbindung zu Gott finden sollen.
Was sagt der Koran zur Gerechtigkeit?
Im Koran finden wir wiederholt Aufforderungen zu Gerechtigkeit. Ein Beispiel ist der Vers 4:59, in dem Allah sagt: „Allah gebietet euch, dass ihr die Treuhandschaft denen übergebt,  die ihrer würdig sind, und wenn ihr zwischen Menschen richtet, dass ihr nach Gerechtigkeit richtet.“
Dieser Vers ist ein klarer Aufruf zu Ehrlichkeit und Fairness. Gerechtigkeit bedeutet, die Verantwortung, die man trägt, gewissenhaft und unparteiisch auszuüben. Es ist nicht nur eine Empfehlung sondern eine Verpflichtung, die Allah den Gläubigen auferlegt hat.
Ein Vers aus Sure 16:90 führt dies weiter aus: „Allah gebietet Gerechtigkeit und gemeinnützig Gutes zu tun und zu spenden wie den Verwandten; und Er verbietet das Schändliche, das Verwerfliche, das offenbar Schlechte, die Gewalttätigkeit und die Übertretung.“
Im Koran finden wir drei Stufen der Gerechtigkeit, die jede für sich ein tieferes Verständnis dieser Tugend ermöglicht.
1. Gerechtigkiet als grundlegendste Stufe. Dies bedeutet, dem das zu gebe, was ihm zusteht. Es ist die Basis, auf der eine gerechte Gesellschaft aufgebaut ist.  Sie fordert, unparteiisch zu handeln, unabhängig von persönlichen Gefühlen oder Verbindungen.
2. Die Stufe der Güte. Diese Stufe geht über die bloße Gerechtigkeit hinaus. Güte bedeutet, Gutes zu tun gegenüber einer Person, die ungerecht ist. Es istb ein Akt der Barmherzigkeit und Großzügigkeit, der die menschlichen Beziehungen auf eine höhere Ebene hebt.
3. Die Stufe der Verwandtschaft. Auf dieser höchsten Stufe behandelt man andere als wären sie eigene Verwandte. Hier geht es darum, nicht nur gerecht zu handeln, sondern mit Liebe und Mitgefühl, als ob der Andere Teil der eigenen Familie wäre.
Diese Stufen zeigen, dass Gerechtigkeit im Islam nicht nur eine rechtliche oder formale Angelegenheit ist, sondern tief in den sozialen und menschlichen Beziehungen verwurzelt ist.
Gerechtigkeit als Gottesfurcht.
Ein besonders bedeutsamer Vers findet sich in Sure 5:8: Oh die ihr glaubt! Seid standhaft in Allahs Sache, als Zeugen der Gerechtigkeit. Und die Feindseligkeit, die ihr gegen bestimmte Leute hegt, soll euch nicht dazu verleiten, anders als gerecht zu handeln. Seid gerecht, das ist der Gottesfurcht näher.
Dieser Vers ruft uns dazu auf, Gerechtigkeit auch dann zu wahren, wenn wir mit Ablehnung oder Feindseligkeit konfrontiert sind. Es ist leicht gerecht zu handeln, wenn wir es mit Freunden oder Gleichgesinnten zu tun haben. Die wahre Herausforderung liegt jedoch darin, auch dann gerecht zu bleiben, wenn wir von Wut oder Hass geleitet werden könnten.
Der Koran betont hier, dass Gerechtigkeit der Gottesfurcht am nächsten ist. Wenn wir uns unserer Verantwortung vor Gotte bewusst sind, handeln wir in allen Situationen gerecht und unparteiisch, weil wir wissen, dass Er alles sieht und uns zur Rechenschaft ziehen wird.
Unparteilichkeit und universelle Gerechtigkeit.
Ein weiterer wichtiger Aspekt im Islam ist seine Unparteilichkeit.  Wir sind aufgefordert, unsere persönlichen Vorleieben oder Abneigungen beiseitezuschieben. Gerechtigkeit kennt keine Vorurteile, keine Bevorzugung und keine Benachteiligung. Sie muss in jedem Fall und gegenüber jedem Menschen gewahrt werden.
Die universelle Gültigkeit der Gerechtigkeit im Islam wird deutlich, wenn der Koran dazu auffordert, dass Gerechtigkeit in allen Bereichen des Lebens angewendet werden soll. Sie ist nicht auf bestimmte Situationen oder bestimmte Personengruppen beschränkt. Es ist ein Maßstab, der für den Umgang mit jedem Menschen und in jeder Lebenslage gilt.
Die Bedeutung der Gerechtigkeit ist im Islam tief und umfassend. Sie fordert nicht nur, das Recht jedes Einzelnen zu wahren sondern ruft dazu auf, Barmherzigkeit und Mitgefühl zu zeigen. Gerechtigkeit ist nicht nur ein sozialer, sondern auch ein spiritueller Wert, der die Menschen näher zu Gott führt.
Lassen Sie uns daran denken, dass Gerechtigkeit mehr ist als eine rechtliche Pflicht. Sie ist eine Tugend, die das Herz und die Seele eines Menschen formt und die Welt zu einem friedlicheren Ort machen kann.

Für die Bewahrung der Schöpfung

Martin Weber, Pfarrer der Katholischen Pfarrgemeinde St. Martin

Guter Gott,
Du hast alles ins Dasein gerufen. Du hast Ja gesagt, dass die Welt ist. Du hast Dein „Es ist gut“ zu den Menschen, zu unserer Welt und zu dem ganzen Universum gesagt. Du bist der Schöpfer von allem und nichts könnte bestehen, wenn Du es nicht wolltest. Das ist wunderbar, das ist atemberaubend und anbetungswürdig. Doch es verpflichtet uns auch. Uns, die Menschen, die zu Dir beten können, die über Deine Schöpfung staunen können, denen Du die Fähigkeit gegeben hast, die Natur zu erforschen und zu gestalten.
Doch genau hier müssen wir sagen: Gott, erbarme Dich unser!
Denn allzu lange sind wir unserer Verantwortung nicht gerecht geworden. Haben die Natur: die Tiere und Pflanzen, die Wälder und Flüsse nur benutzt, ausgebeutet, vergeudet. Und oft genug machen wir es mit unseren Mitmenschen ähnlich. Wir benutzen sie, respektieren nicht ihre Würde, kategorisieren sie nach Nützlichkeit, Herkunft und anderen Kriterien.
Gott, erbarme Dich unser! Lass uns liebende und verantwortungsbewusste Mitgeschöpfe im gemeinsamen Haus unserer wunderbaren Erde sein. Lass uns Menschen sein, die diesen Namen verdienen, und Dich loben, der Du alles ins Dasein gerufen hast. Amen.

Für die Pflege der Gemeinschaft untereinander

Uwe Handschuch und Agnes von Knorre, Pfarrer und Kirchenvorsteherin der Evangelischen Martin-Luther-Gemeinde Dietzenbach-Steinberg

Am Beginn des 133. Psalm heißt es: Siehe, wie fein und lieblich ist es, wenn Geschwister einträchtig beieinander wohnen! Das heißt: Es macht also „Eindruck“, wenn es Menschen gelingt, ohne Zwietracht und Streit miteinander zu leben, gerade auch wenn sie sich räumlich sehr nahe sind. Und dieser Eindruck wird sogar noch dadurch potenziert, dass die Eintracht sich in einer herzlichen Einmütigkeit, einer „Einigkeit in Herz und Seele“ niederschlägt. Von der ersten christlichen Gemeinde in Jerusalem wird darum erzählt, dass die Christenmenschen ein Herz und eine Seele waren und dass das dann dazu führte, dass sich immer mehr Menschen von dem überzeugen ließen, was sie glaubten, sagten und lebten.
Wir wollen nun für die „Pflege der Gemeinschaft untereinander“ beten:
Guter Gott, wir wissen, wie schwierig es werden kann, wenn wir Menschen uns näherkommen. Gerade bei denjenigen, die uns sehr nahe sind, erkennen wir ja die Defizite, das Mangelhafte, das, was uns auf die Nerven geht und unser eigenes Dasein problematisch macht, mehr als deutlich. Tolerant zu sein gegenüber einem Menschen, mit dem man nichts zu tun hat, weil er so fern von uns lebt, ist dagegen viel einfacher. Wir bitten dich: Schenke uns die Kraft, die Chancen von Nähe und Gemeinschaft zu erkennen und zu schätzen, und deren Schwierigkeiten gelassen zu tragen.
Guter Gott, auch wenn wir als unterschiedliche Konfessionen und Religionen hier in Dietzenbach nebeneinander und miteinander leben, kann es dazu kommen, dass wir uns selbst für etwas Besseres und die anderen für etwas Schlechteres halten. Denn wo es um eine ganz tiefe Wahrheit in uns geht, sind wir viel zu schnell dazu bereit, die Wahrheit in einem anderen Menschen in Frage zu stellen und sie der Unwahrheit zu bezichtigen. Wir bitten dich: Schenke uns die Fähigkeit, gerade aus eigener guter Überzeugung dem anderen seine Überzeugung nicht abzusprechen.
Guter Gott, du weißt, wie unglaubwürdig die verschiedenen Konfessionen und Religionen in einer so vielfältigen Zeit wie der unsrigen werden, wenn sie nur das Trennende betonen und Streit und Gewalt immer wieder neue Nahrung geben. Wir bitten dich: Zeige du dich als unser aller Gott, den wir auf unsere je eigene Weise bekennen wollen, damit deine Barmherzigkeit, deine Gerechtigkeit, deine Liebe und dein Friede allen offenbar werde und unsere Gemeinschaft untereinander deine Früchte wachsen lässt.
Guter Gott. Lass uns einträchtig beieinander wohnen: dir zur Ehre und unseren Mitmenschen zum Nutzen.
Amen.

Für Toleranz

Mehmet Sertdere, Jugendleiter der türkischen Fatih-Moscheegemeinde

Unsere Propheten haben unsere Welt mit Gottesschriften aus der Dunkelheit befreit. Doch nicht jeder folgte ihren Pfaden. Der Prophet Mohammed ist Menschen, die in der Dunkelheit ihres Unglaubens und der Sünde waren, immer mit Vernunft und Verständnis entgegengetreten. Er hat sie nicht mit niederträchtigen Worten oder niederträchtigen Handlungsweisen gedemütigt. Ohne vorher zu verurteilen hat er sein Gegenüber erst als Mensch wahrgenommen und verhielt sich vergebend und tolerant.
Jeder Mensch hat andere Lebensumstände und Gründe, warum er oder sie in der Dunkelheit des Unglaubens und der Sünde verweilt.  Manchmal sind es die Familien, in welchen man aufwächst, manchmal ist es die Nachbarschaft, die Umgebung, oder es ist die Kultur, die einem die Wahrheit verschließt.
Gewiss ist, dass keiner es sich bewusst auswählt, sein Herz in die Dunkelheit zu sperren.
Bevor wir unsere Mitmenschen mit Verurteilung und Hass verstoßen, sollte uns bewusst sein, dass im Herzen eines jeden die Sehnsucht nach Wahrheit existiert. Vorurteile und Hass verschlimmern sonst nur noch mehr den gesellschaftlichen Unfrieden.
Es sind wir, die die Herzen der Menschen ansprechen, um sie aus der Dunkelheit ins Licht zu führen.
Diese Tugend ist für uns Gläubige unverzichtbar, um ein gesellschaftliches Leben in Frieden aufzubauen. Da wir in derselben Gesellschaft zusammenleben, müssen wir die gegenseitige Liebe, die Nachsicht und den Respekt stets als eines der wertvollsten Dinge unseres Lebens erachten.

Für die politisch Verantwortlichen

Andrea Schwarze und Ute Zanger, Pfarrerin und Kirchenvorsteherin der Evangelischen Christus-Gemeinde Dietzenbach

Gott, bist Du da?
Das frage ich mich, wenn ich auf die Gewalt und Kriege der Welt sehe: die Ukraine, den Nahen Osten. Dabei sehe ich die vielen Menschen, die Opfer dieser Kriege sind und ich sehe diejenigen, die nicht aufgeben und verzweifeln. Überall setzen sich Menschen für Frieden und Versöhnung ein. Doch mir scheint es, dass die Stimmen der Gewalt immer lauter werden als die Rufe nach Frieden.
Wir bitten Dich: Sei bei allen, die sich an den Schaltzentren der Macht für den Frieden einsetzen.
Gott, bist Du da?
Das frage ich mich, wenn Politikerinnen und Politiker Angst vor rechtsextremer Gewalt haben müssen. Wie mutig sind diejenigen, die sich immer wieder gegen Hass, Rassismus und Rechtsextremismus wenden.
Wir bitten Dich: Sei bei allen Kommunal-, Landes- und Bundespolitiker:innen, die sich für den Frieden einsetzen.
Gott, bist Du da?
Das frage ich mich, wenn ich auf die vergessenen Krisengebiete der Welt schaue: auf die Flüchtlingslager der Vereinten Nationen, auf die Not im Sudan, in Myanmar, im Jemen, in Syrien …
Wir bitten Dich: Sei bei allen, die Hilfe ermöglichen und bei den Helfenden.
Sei bei uns. Gott und den Menschen, die sich jeden Tag unermüdlich und unerschrocken für ein gutes Miteinander, für ein Leben in Frieden und Freiheit einsetzen.
Ich will nicht aufgeben, daran zu glauben.
Du bist ein Gott, der da ist. Du bist der „Ich bin da.“
Amen.

Musik

Susanne Frank und Daniela Scherer (Querflöten) und Lutz Berger (Klavier) mit Beate Walther: Werke von Mozart, Genzmer und Böhm.
Lutz Berger, Teamleiter des Dietzenbacher Friedhofs, spielt eine Uraufführung: “Mittag” von Wolfram Graf (*1965).

Für das Miteinander der Generationen

Abdellah El Boutakmanti und Rachid Azzamouri, Imam und Gemeindevorsteher der marokkanischen Tahwid-Moscheegemeinde

Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!
In der Koran-Sure 17:22-24 heißt es: „Setze neben Allah keinen anderen Gott, sonst wirst du gescholten und im Stich gelassen bleiben.
Und dein Herr bestimmt, dass ihr nur Ihm dienen und zu den Eltern gütig sein sollt. Wenn nun einer von ihnen oder beide bei dir ein hohes Alter erreichen, so sag nicht zu ihnen „Pfui!“ und fahre sie nicht an, sondern sag zu ihnen ehrerbietige Worte. Und senke für sie aus Barmherzigkeit den Flügel der Demut und sag: <Mein Herr, erbarme dich ihrer, wie sie mich aufgezogen haben, als ich klein war,>
In der Koran-Sure 31:13-15 lesen wir: „Und gedenke, als Luqman zu seinem Sohn sagte, indem er ihn ermahnte: <Oh mein lieber Sohn, geselle Allah nicht(s) bei, denn Götzendienst ist fürwahr ein gewaltiges Unrecht.> Und Wir haben dem Menschen seine Eltern anbefohlen – seine Mutter hat ihn unter wiederholter Schwächegetragen, und seine Entwöhnung (erfolgt) innerhalb von zwei Jahren -: <Sei Mir und deinen Eltern dankbar. Zu Mir ist der Ausgang.>
Wenn sie sich aber darum bemühen, dass du Mir das beigesellst, wovon du kein Wissen hast, dann gehorche ihnen nicht, doch geh mit ihnen im Diesseits in rechtlicher Weise um. Und folge dem Weg dessen, der sich mir reuig zuwendet. Mir wird hierauf eure Rückkehr sein, da werde Ich euch kundtun, was ihr zu tun pflegtet.
Und die Koran-Sure 2:83 lehrt uns für das Miteinander der Generationen: „Und als Wir mit den Kindern Isra’ils ein Abkommen trafen: Dient keinem außer Allah! Und zu den Eltern sollt ihr gütig sein und zu den Verwandten, den Waisen und den Armen! Und sagt Gutes zu den Menschen, verrichtet das Gebet und entrichtet die Zakat/die Abgabe. Danach kehrtet ihr euch – bis auf wenige von euch – ihr seid ja Widerstrebende.
Sehr geehrte Damen und Herren, aus diesen Gründen müssen wir den Eltern, den Kindern, den Verwandten und allen Menschen Gutes tun.

Für Versöhnung

Renate Bottmann und Yan Yagumov, Bahai’i-Gemeindegruppe

 „Ich heiße euch alle und jeden von euch, alles, was ihr im Herzen habt, auf Liebe und Einigkeit zu richten. Wenn ein Kriegsgedanke kommt, so widersteht ihm mit einem stärkeren Gedanken des Friedens. Ein Hassgedanke muss durch einen mächtigeren Gedanken der Liebe vernichtet werden. Kriegsgedanken zerstören alle Eintracht, Wohlfahrt, Ruhe und Freude.“ (Abdu’l-Bahá, Ansprachen in Paris, 6:7)
„O Herr! … Lösche dieses Feuer, so dass die dichten Wolken sich verziehen, die den Himmel verdunkeln, dass die Sonne der Wirklichkeit leuchtet mit den Strahlen der Versöhnung, das tiefe Dunkel sich teile und alle Lande vom strahlenden Lichte des Friedens erleuchtet werden. Vereinige die Herzen, erleuchte die Augen mit dem Lichte des Friedens und der Versöhnung. Errette sie aus den Tiefen des Krieges und des Blutvergießens, befreie sie aus des Irrtums Finsternis.“ (Abdu’l-Bahá, Sendschreiben zum Göttlichen Plan, 8:25-8:26)
„Der Friede muss zuerst unter den einzelnen Menschen gestiftet werden, …“ (Abdu’l-Bahá, Briefe und Botschaften, 201:2)
„Lasst nicht Verschiedenheiten der Meinung oder Mannigfaltigkeit des Denkens euch von eurem Nebenmenschen trennen oder in euren Herzen zur Ursache von Wortstreit, Hass und Hader werden.“ (Abdu’l-Bahá, Ansprachen in Paris, 15:7-15:9)
„Seid den Furchtsamen eine Zuflucht, bringt den Verstörten Ruhe und Frieden, versorgt die Mittellosen, seid eine volle Schatzkammer für die Armen, eine Arznei für die Leidenden, Arzt und Pfleger für die Gebrechlichen, fördert Freundschaft, Ehre, Aussöhnung und Hingabe an Gott in dieser nichtigen Welt.“ (Abdu’l-Bahá, Briefe und Botschaften, 35:8)
„Der Friede muss zuerst unter den einzelnen Menschen gestiftet werden, bis er schließlich zum Frieden unter den Nationen führt.“ (Abdu’l-Bahá, Briefe und Botschaften, 201:2)
„Die Vereinigung der ganzen Menschheit ist das Kennzeichen der Stufe, der sich die menschliche Gesellschaft heute nähert. Die Einheit der Familie, des Stammes, des Stadtstaates und der Nation ist nacheinander in Angriff genommen und völlig erreicht worden. Welteinheit ist das Ziel, dem eine gequälte Menschheit zustrebt.“ (Shoghi Effendi, Die Weltordnung Bahá’u’lláhs, 7:107)
„O Herrscher der Erde! Versöhnt euch miteinander, so dass ihr nicht mehr Kriegsrüstungen benötigt, als dem Schutze eurer Gebiete und Länder angemessen ist.  Seid einig, o Könige der Erde, denn dadurch wird der Sturm des Haders gestillt und eure Völker finden Ruhe – wenn ihr doch unter denen wäret, die das verstehen! Sollte einer unter euch gegen einen anderen die Waffen ergreifen, so erhebt euch alle gegen ihn, denn dies ist nichts als offenbare Gerechtigkeit.“ (Bahá’u’lláh. Zitiert bei Shoghi Effendi, Die Verkündigung Bahá’u’lláhs, 2.1.3:3-2.1.3:4)
„Seit Tausenden von Jahren leben wir mit Kampf und Blutvergießen. Es reicht, es ist genug. Jetzt ist die Zeit, in Liebe und Harmonie zusammenzukommen.“ (Bahá’í-World Faith, Abdu’l-Bahá Section, unautorisierte Übersetzung)
„Der Friede muss zuerst unter den einzelnen Menschen gestiftet werden, bis er schließlich zum Frieden unter den Nationen führt. …Strebt deshalb mit ganzer Kraft danach.“ (Abdu’l-Bahá, Briefe und Botschaften, 201:2)
„O Du gütiger Herr! Du hast die ganze Menschheit aus dem gleichen Stamm erschaffen. Du hast bestimmt, dass alle der gleichen Familie angehören. In Deiner heiligen Gegenwart sind alle Deine Diener, die ganze Menschheit findet Schutz in Deinem Heiligtum. Und alle sind in das Meer Deines Erbarmens getaucht.
O Du gütiger Herr! Vereinige alle. Gib, dass die Religionen in Einklang kommen und einige die Völker, auf dass sie einander ansehen wie eine Familie und die ganze Erde wie ein Heim.“ (Abdu’l-Bahá, Bahá’í-Gebete 246:1-3)
„Was für ein Segen wird das sein, wenn alle zusammenkommen wie vormals getrennte Wildwasser, Flüsse und Bäche, Rinnsale und einzelne Tropfen. Sammeln sie sich an einem Platz, so bilden sie ein mächtiges Meer.“ (Abdu’l-Bahá, Briefe und Botschaften, 207:3-4)

Für die Stärkung des Glaubens

Luisa Feliz, Leitungskreis der Jesus-Gemeinde

Ich lese aus Psalm 46,1-3: “Gott ist unsere Zuflucht und Stärke, ein bewährter Helfer in Zeiten der Not. Darum fürchten wir uns nicht, selbst wenn die Erde erbebt, die Berge wanken und in den Tiefen des Meeres versinken.”
Ich bete: Vater, ich danke Dir, dass Du unsere Zuflucht und Stärke in Zeiten der Not bist. Herr, auf Dich dürfen wir hoffen und vertrauen, wenn wir in schwierige Zeiten kommen. Wir wissen, dass wir nicht immer die Lösung für all die Probleme haben und dass Du uns – trotz dessen und der aktuellen Geschehnisse auf der Welt – die Kraft gibst, den Glauben nicht zu verlieren.
Gib uns die Kraft und Stärke, die wir für unseren Glauben benötigen. Wir wollen weiter auf Dich vertrauen.
Ich bete auch für die Menschen, die im Glauben schwach geworden sind aufgrund von Problemen, Schwierigkeiten und Verlust von Menschen. Schenke ihnen Kraft und Mut.
Herr, ich bitte Dich, ihnen zu helfen, damit sie ihren Glauben nicht verlieren. Schenke ihnen wieder Mut, Hoffnung und Zuversicht.
Vater ich danke Dir, dass Du uns gerne hilfst und dass Du dabei nicht auf Hautfarbe, Nationalität und Sprache schaust. Weil wir Deine Kinder sind und Du uns alle liebst.
Danke, dass Du unseren Glauben stärkst.
In Jesu Namen, Amen.

Für den Zusammenhalt unter den Menschen und Völkern

Malfono Musa Dilmac, Gabriel Touma und Gabriel Savci, Religionslehrer und Gemeindeglieder der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochia St. Maria

HERR, Gott, der Du bist ohne Zweifel der Schöpfer aller Wesen, Wesen, die Du nach Deinem Ebenbild geschaffen hast. Jedoch wissen wir es in der heutigen Zeit nicht bzw. kaum noch zu schätzen und entfernen uns von Dir. Stattdessen überlassen wir dem Menschenfeind, dem Satan, immer mehr Macht, die er auf dieser irdischen Welt ausübt.
Wir sehen, dass der Feind der Menschheit, sprich: der Satan, viel Unkraut zwischen Deinem Saatgut gepflanzt hat. Macht, Gier, Habgier und Neid nehmen überhand. Um mächtiger zu werden oder auch um Macht und Habgier zu stillen, werden Kriege angestiftet und blutig geführt, Unruhen auf der Welt, die fatale Folgen haben.
Das Leben vieler unschuldiger Menschen leidet darunter. Ja, viele Menschen werden sogar so manipuliert, dass diese durch ihr blindes Handeln geblendet und geleitet werden von gottlosen Menschen, die Deine Schöpfung bedrohen und so weit gehen, Deine Geschöpfe, die Du nach Deinem Ebenbild geschaffen hast, zu töten.
Herr, wir Menschen werden immer mehr von Hass, Macht, Gier und innerer Kälte geblendet. Eine brüderliche Gemeinschaft, die sich mit Deiner Kraft zusammenhält und gegenseitige Unterstützung schenkt, findet sich in der heutigen Zeit kaum noch. Lass uns nicht im Stich und steh uns bei. Denn wir wissen: Ohne Deine Hilfe und Kraft sind wir machtlos gegen den Menschenfeind und seine Anhänger, die auf der irdischen Welt immer mehr werden.
Herr, Gott, den Worten König Davids in Psalm 55.23 vertrauen wir: „Wirf deine Sorge auf den HERRN. Er wird dich erhalten und aufrichten! Vertraue dem HERRN. Er wird dich führen. Der HERR lässt niemals den scheitern, der zu Ihm steht.“
Wir vertrauen Dir. Fülle unsere Herzen mit Liebe, Barmherzigkeit, Sanftmut und Demut und halte uns fern von Hass, Habgier und Neid.
O HERR, im Namen aller Menschen bitte ich Dich.
HERR, erhöre uns. Amen.

Für ein Ende aller kriegerischen Auseinandersetzungen

Helga Giardino, Ausländerbeirat der Stadt Dietzenbach

Gütiger Gott, wir sehnen uns danach, miteinander in Frieden zu leben. Wenn Egoismus und Ungerechtigkeit überhandnehmen, wenn Gewalt zwischen Menschen ausbricht, wenn Versöhnung nicht möglich erscheint, bist Du es, der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.
Wenn Unterschiede in Sprache, Kultur oder Glauben uns vergessen lassen, dass wir Deine Geschöpfe sind, und dass Du uns die Schöpfung als gemeinsame Heimat anvertraut hast, bist Du es, der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.
Wenn Menschen gegen Menschen ausgespielt werden, wenn Macht ausgenutzt wird, um andere auszubeuten, wenn Tatsachen verdreht werden, um andere zu täuschen, bist Du es, der uns Hoffnung auf Frieden schenkt.
Lehre uns, gerecht und fürsorglich miteinander umzugehen und der Korruption zu widerstehen.
Sende uns mutige Frauen und Männer, die die Wunden heilen, die Hass und Gewalt an Leib und Seele hinterlassen.
Lass uns die richtigen Worte, Gesten und Mittel finden, um Frieden zu fördern.
In welcher Sprache wir Dich auch als „Fürst des Friedens“ bekenne: Lass unsere Stimmen laut vernehmbar sein gegen Gewalt und Unrecht. Amen.

Das Friedensgebet endete gegen 18.30 Uhr.

 

 

 

 

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