Statement gegen Rassismus und Antisemitismus

Die Stadtverordnetenversammlung der Kreisstadt Dietzenbach hat sich einstimmig gegen Antisemitismus positioniert. In einem Eilantrag wurde die Verwaltungsspitze dazu aufgerufen, ein klares, öffentliches Statement abzugeben. Im Folgenden die Ausführungen des Bürgermeisters und Ersten Stadtrates, gemeinsam mit dem Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Religionen in Dietzenbach.

Respekt! Kein Platz für Rassismus

Jüdisches Leben ist ein fester Bestandteil in unserer Gesellschaft und gehört seit Jahrhunderten zu Dietzenbach. Deutschland, Hessen, auch die heutige Kreisstadt haben eine bewegte, teilweise dunkle, dramatische, schmerzhafte aber auch eine versöhnliche Geschichte mit der jüdischen Gemeinschaft. Das Judentum mitten in unserer Stadt ist ein elementarer Bestandteil unserer vielfältigen Zivilgesellschaft und bereichert Dietzenbach. Die Jüdinnen und Juden haben einen festen Platz in unserer Kultur und in unserer Stadt.

76 Jahre nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland hat der Antisemitismus leider noch immer seinen Platz in der Welt, so auch in Deutschland und breitet sich weiter aus. Wie eine chronische Krankheit ist er in unserer Gesellschaft vorhanden und kann jederzeit punktuell wieder aufkeimen. Die jüngsten Entwicklungen während des Nahostkonflikts Anfang Mai 2021 zeigten dies deutlich. Deutschlandweit kam es zu Gewaltandrohungen und antisemitistischen Äußerungen gegen jüdische Mitmenschen, immer geprägt von unbelehrbarer Dummheit, Indifferenz und Hass.

Es erschreckt und beschämt uns, solche Bilder und Umstände zu sehen. Gerade Deutschland trägt vor dem Hintergrund der von ihm verantworteten unbegreiflichen, nationalsozialistischen Schreckenstaten, der Entrechtung und Ermordung von sechs Millionen europäischen Juden eine ganz besondere Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus und Rassismus.

Antisemitismus und jegliche Form von Rassismus darf keinen Millimeter Raum in unserem Land und unserer Kreisstadt gegeben werden. Wir verurteilen Rassismus und Antisemitismus auf das Schärfste und stehen klar zu unserer jüdischen Gemeinschaft und unseren Werten. Wir wollen den aus Dietzenbach in der NS-Zeit vertriebenen jüdischen Mitbürger*innen ihre Namen und Würde zurückgeben, ihren Nachfahren die Hand zum Willkommen reichen, und den zur Zeit hier lebenden Mitbürger*innen jüdischen Glaubens versichern, dass wir alles tun werden, damit sie sich hier geschützt, unterstützt und wohl fühlen.

Gerade in einer Stadt wie Dietzenbach, welche durch gegenseitige Toleranz und aufgrund ihrer multinationalen Weltoffenheit seit Jahrzehnten geprägt ist, hat Rassismus und Ausgrenzung keinen Platz. Wir stehen für Solidarität, Zusammenhalt, interreligiösen und interkulturellen Dialog, Aufklärung und das Gespräch miteinander. Viele Impulse, Aktionen und Projekte dazu sind bereits in der Stadt sichtbar, erlebbar und lesbar. Zivilgesellschaft, Politik und Stadt fördern das friedliche Miteinander der Religionen und Kulturen und wenden sich entschieden gegen Rassismus und Antisemitismus.

Die Stadtverordnetenversammlung der Kreisstadt Dietzenbach hatte im Juni vergangenen Jahres eine Resolution für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit beschlossen. In dieser heißt es unter anderem:

„Wir treten ein für ein Dietzenbach, das Chancen und Perspektiven für alle Menschen bietet, die friedlich hier leben, im Einklang mit dem Grundgesetz. Das Miteinander von Menschen verschiedener Herkunft, Religionen und Kulturen prägt das Gesicht unserer Stadt. Es macht unsere Stadt lebendig. Menschenfeindlichkeit, Rassismus, Diskriminierung und Antisemitismus lehnen wir entschieden ab. Für sie gibt es kein Verständnis und keine Rechtfertigung. Extremen Haltungen und Handlungen wollen wir entschlossen entgegentreten und sie bekämpfen.“

Im gleichen Jahr wurde der Tag der Menschenrechte im Zuge einer InformationsKampagne des Rathauses ins Bewusstsein gebracht. Die Worte „Respekt, kein Platz für Rassismus“ zieren seit 2013 die Eingangstüren des Rathauses, initiiert durch den Ausländerbeirat. Große Banner mit gleichem Wortlaut hänge bei den politischen Gremien im Sitzungssaal. Die Arbeitsgemeinschaft der Religionen, der „Engel der Kulturen“, der „Garten der Religionen“, das jährliche interreligiöse Friedensgebet, die gemeinnützigen Vereine und viele weitere Organisationen und Aktionen stehen in Dietzenbach für die Werte, die in der Resolution unmissverständlich niedergeschrieben sind.

Das Dietzenbacher Museum, die „Stolpersteine“ im Stadtgebiet, der Anne-FrankPlatz, Bücher gegen das Vergessen der NS-Gewaltherrschaft in Dietzenbach und Kapitel der Dietzenbacher Chronik sind Zeugnisse und Mahnmale zugleich und dienen der Erinnerung, um aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen.

Seit 2015 ist Dietzenbach Partnerstadt des Bundesprogramms Demokratie leben. Zahlreiche Projekte wurden in den letzten sechs Jahren gegen Ausgrenzung, Menschenfeindlichkeit und Rassismus umgesetzt. Vorträge, Workshops, Ausstellungen, Jugendprojekte, dies alles gehört ins Portfolio der Aufklärung, Erinnerung, Mahnung und Vorbeugung. Die zeitgenössischen Ereignisse zeigen jedoch, dass dies nicht ausreicht und dauerhaft fortgeführt werden muss. Für Projektideen, Aktionstage, Beratungs- und Schulungsmaßnahmen stehen aktuell Fördermittel für Engagierte zur Verfügung. Mehr Informationen können via Email unter: integration@dietzenbach.de angefordert werden.

Die mörderische und vielfältige Fratze des Rassismus hat Dietzenbach auch bei den Anschlägen von Hanau vom 19. Februar 2020 zu spüren bekommen. Ein Mitbürger der Kreisstadt kam hierbei ums Leben.

Egal welche menschenverachtende und diskriminierende Richtung, ob Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, politischer Extremismus, Islamfeindlichkeit, Gewalt gegen Frauen, Kinder, Männer, Homophobie und Gewalt jedweder Art sind in ihren Ursachen vielleicht verschieden, richten sich jedoch in der Zielrichtung immer gegen den Artikel 1 unseres Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Es liegt an uns allen, den Amtsträger*innen, den Politiker*innen, den Unternehmer*innen, Journalist*innen und jeder einzelnen Bürgerin und jedem einzelnen Bürger, sich klar gegen Ausgrenzung und für Toleranz und Solidarität einzusetzen. Wir werden weiterhin unsere Beiträge dazu leisten.

Jürgen Rogg, Bürgermeister Kreisstadt Dietzenbach

Dr. Dieter Lang, Erster Stadtrat  Kreisstadt Dietzenbach 

Horst Schäfer, Sprecher Arbeitsgemeinschaft der Religionen in Dietzenbach

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