Ehrfurcht vor dem Alter

Pressebericht der Arbeitsgemeinschaft der Religionen (ARD) über den Gesprächsabend zum Thema EHRFURCHT VOR DEM ALTER – Älter werden und Altsein in den Religionen und Kulturen am 17.11.2011 in der Fatih-Moschee in Dietzenbach

Zum zweiten Mal in diesem Jahr hatte die Arbeitsgemeinschaft der Religionen in Dietzenbach zu einem Gesprächsabend eingeladen und fast fünfzig Menschen waren am Abend des 17. November in die türkische Fatih-Moschee gekommen, um gemeinsam über das zu sprechen, was sich in unserer Gesellschaft zu einem immer größeren Problem auswächst: das Alter. Die Menschen werden ja nicht nur immer älter, sondern auch die Bereitschaft und die Möglichkeiten der Jüngeren, sich um die Älteren zu kümmern, gehen zurück. Hand in Hand damit scheint auch die Ehrfurcht vor alten Menschen abzunehmen.

“Ehrfurcht vor dem Alter” war deshalb auch der Gesprächsabend überschrieben, in dem das Älterwerden und Altsein in den Kulturen und Religionen näher beleuchtet werden sollte. Dazu hatte die ARD zwei Referenten gewinnen können, die sich mit dem Thema aus christlicher und muslimischer Sicht auseinandersetzten: Uwe Handschuch, Pfarrer der Martin-Luther-Gemeinde in Dietzenbach-Steinberg und Patientenfürsprecher der Alzheimer Tagespflege im DRK-Seniorenzentrum, und Dr. Hüseyin Kurt, der in Frankfurt das Viktor-Gollancz-Haus mit einer Wohngruppe für alte Menschen muslimischen Glaubens betreut. Schnell wurde deutlich: Die beiden Religionen unterscheiden sich kaum in ihrem Blick auf das Alter. Sowohl Christentum als auch Islam gebieten ihren Gläubigen einen respekt– und ehrfurchtsvollen Umgang mit den älteren Menschen, und formulieren schon sehr früh eine Art Generationenvertrag: Die Alten sollen die Jungen an ihrer Lebens- und Glaubenserfahrung teilhaben lassen, als „Gegenleistung“ hätten sich die dann um sie zu kümmern, vor allem, wenn sie nicht mehr für sich selbst sorgen könnten. Das alles auch im Hinblick darauf, dass sie damit ein Vorbild bieten können für die nächste Generation, auf deren Hilfe sie dereinst angewiesen sein werden. Nichts anderes meine das Gebot: „Du sollst Vater und Mutter ehren, auf dass es dir wohlgeht und du lange lebst auf Erden!“

Dr. Kurt machte deutlich, dass dies unter den veränderten Bedingungen einer so mobilen und spezialisierten Gesellschaft wie der deutschen nicht so einfach sei wie in einer vom familiären Zusammenleben geprägten agrarischen Gesellschaft. Das erführen im zunehmenden Maße auch die Migranten in unserem Land, die vor fünfzig Jahren – ohne die ältere Generation – hierher nach Deutschland gekommen waren. Hüseyin Kurt: „Wir müssen endlich verstehen lernen, dass unsere religiöse Pflicht, uns um ältere Menschen zu kümmern, auch darin erfüllt werden kann, dass wir bestimmte Aufgaben an Fachleute delegieren. Wenn wir krank sind, gehen wir ja auch zum Arzt.“ Oftmals sei da eine große Hemmschwelle zu überwinden, und die religiösen Vorgaben führten unter den veränderten Rahmenbedingungen zu mancher Tragödie. Informationen wären deshalb immer noch notwendig.

Die Besucher des Abends, zu denen auch einige Mitglieder des Dietzenbacher Seniorenbeirats gehörten, waren sich einig: Über die Möglichkeiten, die es im Bereich der Pflege älterer Menschen in unserem Lande gibt, sollen deshalb gerade Migranten verstärkt informiert werden. Es sei aber auch wichtig, dass nun auch junge Muslime zu AltenpflegerInnen ausgebildet würden.Mehmet Sertdere, der 1.Sekretär der DITIB-Fatih-Moschee und ARD-Aktiver, gab am Ende bekannt, dass seine Moschee Herrn Dr.Hüseyin Kurt eingeladen habe, um mit ihm gemeinsam zu erörtern, wie pflegebedürftigen alten Menschen muslimischen Glaubens in Dietzenbach geholfen werden könne.

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